1. Etappe 15.07. – 23.07.2011 Travemünde – Skagen

Crew: Steffen, Anna-Lena, Christian, Laura, Christoph, Florian, Richard und Claas (S)

Törnstrecke: Travemünde – Omö – Samsö – Anholt – Kungsbacka – Laeso – Skagen

Zurückgelegte Meilen: 350sm

Guten Morgen und der Törnberginn

beginnLieber Leser, was ist es, dass uns Jahr für Jahr immer wieder dazu bringt, die stabilen, festen, und meist aufgeräumten vier Wände unseres Wohnzimmers zu verlassen und gegen eine schaukelnde, völlig chaotische, chronisch feuchte und meist nicht besonders gut riechende Koje auf einem See gehenden Schiff eintauschen? Ich behaupte es ist die Lust am Abenteuer, der Nervenkitzel des Neuen und Unbekannten. Sie glauben mir nicht? Sie meinen die Ostsee wäre bereits erforscht, bereits tausende Male von abertausenden Seglern bereist. Es gäbe nichts mehr zu entdecken… Sie glauben mir immer noch nicht. Dann lassen Sie meine Crew und mich von unserem diesjährigen Abenteuer berichten:

Wiking VII und die Rache der Petermännchen

Tag 1/2: Auf dem Weg zum Everest…

Jeder Segler hat ein Ziel, zu dem er schon immer wollte, aber es noch nie geschafft hat. Ich nenne dieses Ziel gerne den „Everest“ wegen der Größe der Anstrengung, die es bedeutet ihn zu bezwingen. Der aufmerksame Leser mag es schon dem einen oder anderen Törnbericht entnommen haben. Bei mir ist es die Insel Omö. Viermal bin ich bereits gescheitert. Doch dieses Mal wurde alles anders.

Um nicht erneut zu scheitern, wurde bereits im Vorfeld der Starttermin vorverlegt. Am Freitagabend sollte es bereits losgehen, anstelle von Samstagvormittag. Über Nacht, um dann 87 Seemeilen später zur Mittagszeit in Omö festzumachen. Erstaunlicherweise gab es von Seiten der Crew keine Einsprüche, die nicht durch geschickte Diplomatie hätten gelöst werden können. Und so war es tatsächlich so, dass um 21.50 Uhr selbstständig angetreten wurde, um mit der gerade untergegangenen Sonne im Rücken zu starten. Eine anfängliche Brise von 4-5 Windstärken ließ uns gut vorankommen, so dass die Wache rasch übernehme und der Rest der Crew in den wohlverdienten Schlaf fallen konnte. Nach einem noch schnell eingeschobenen Reffmanöver, erlebten wir eine ruhige erste Nacht auf See und zum Sonnenaufgang befanden wir uns bereits im Fehmarnbelt. Außer dem Mond sahen wir in dieser Nacht niemanden, besondere Vorkommnisse waren auch Fehlanzeige. Der Wind hatte inzwischen auf leichte drei Windstärken abgenommen. Aber das war auch gut so, denn unsere Kräfte würden wir noch später an diesem Tage brauchen. Es war eine derart ruhige Nacht, dass unser Smut zum äußersten Mittel greifen musste, um genug Deckshände zur Einnahme des Frühstücks zu bekommen: Frisch gebackene Brötchen! Ja, unser Gasherd kann wahre Wunder vollbringen. Eben noch Totenstille, 10 Minuten später „All hands on deck“! Vielleicht auch ein Mittel bei härteren Bedingungen? Derartig gestärkt dauerte es auch nur wenige Minuten bis der Ruf nach dem Spinnaker ertönte und unser buntes Holstentor im Großen Belt erstrahlte. Und dann tauchte er auf: der Everest. Ein gelbes Kornfeld leuchtete uns den Weg. Eines stand fest: Heute musste es klappen, das Wetter war mit uns. Als wir näher kamen zeigte sich, dass wir nicht alleine waren: Etliche Schiffe nahmen Kurs auf den uns bestimmten Hafen. Würden wir noch einen Platz bekommen? Dänische Häfen sind bekanntlich voll im Sommer. Aber das war es nicht, was die Sache noch einmal spannend machen sollte. Die Hafeneinfahrt soll zum Versanden neigen und wieso piept die Motorwarnleuchte, wenn man den Motor einmal braucht? Man weiß es nicht, aber der Everest hat sich wohl noch ein wenig gewehrt, bevor er sich endlich von uns betreten ließ. Schlussendlich ließ er uns doch gewähren und alles war gut. Dieses konnte sich doch nur mit einem Bad in der Ostsee am Abend feiern lassen… Zumindest meine Crew tat dieses. Meine persönlichen Abneigungen gegen kaltes Wasser sind ebenso legendär, aber doch Stoff für eine andere Geschichte…

(von Claas)

Tag 3: Im Hafenkino läuft „Die sonderbare Verholung des Siebener-Päckchens“

Nachdem mit dem Erreichen der Insel Omø am vorigen Tag ein lang ersehntes Ziel des Skippers abgehakt werden konnte, verlassen wir an diesem Morgen dessen (tückischen) Hafen wieder, um Kindheitsträume weiterer Besatzungsmitglieder zu erfüllen. Das Ziel der heutigen Etappe heißt Samsø und auf dem Weg werden wir ihr begegnen: der Brücke über den großen Belt. Seit der Entdeckung in einem Was-ist-Was-Buch vor Jahrzehnten der persönliche Wunschtraum des Autors dieses Tagesberichts.

Schon am frühen Vormittag erscheint bei etwas diesiger Sicht die Silhouette des Bauwerks in der Ferne. Leichter Nieselregen setzt ein, aber bei gutem Wind kommen wir schnell voran. Mit Laura am Steuer segeln wir „Schmetterling“ vor dem Wind mit gesetztem Bullenstander. In Begleitung eines einige hundert Meter voraus fahrenden Containerfrachters unterqueren wir schließlich die Brücke und können ihre majestätische Gestalt aus nächster Nähe bewundern.

Bis Samsø ist es noch ein ganzes Stück. Im weiteren Verlauf der Fahrt frischt der Wind auf. Als wir den Zielhafen auf Samsø, Ballen, an der Ostseite der Insel vor uns sehen, weht eine steife Brise und das Wetter scheint ungemütlicher zu werden. Vor dem Strand sehen wir Kiter mit ihren bunten Schirmen. Viele Schiffe wollen jetzt ebenfalls einlaufen und als wir die Einfahrt passieren, finden wir uns wieder einmal in einem „gut gefüllten“ Hafen wieder. Claas steuert das Anlegemanöver und legt uns erst einmal als siebtes Schiff ins Päckchen. Die Boote Richtung Kai bestehen hauptsächlich aus schwedischen und deutschen Segeljachten, direkt am Kai liegen zwei riesige Motorjachten, deren Bordwand auf dem Weg an Land mittels Strickleiter erklommen werden muss. Das Wetter beruhigt sich inzwischen wieder.

Während wir noch diskutieren, ob ein Verlegen von Landstrom möglich ist, erfahren wir von unseren schwedischen Nachbarn, dass die Motoryachten demnächst auslaufen wollen, und sich das gesamte Päckchen daher vorläufig einen anderen Platz suchen muss. Da wir außen liegen, finden wir aber einen recht guten neuen Platz auf der anderen Seite des kleinen Hafens, wo Wiking sogar „nur“ als drittes Schiff im Päckchen liegen kann. Welch Luxus! Hier kann nun auch das Großsegel ordentlich gelegt werden. Alle Leinen werden klariert, die Landstromleitung läuft über das Heck direkt zum Kai, und unsere Sachen liegen bald zum Trocknen über dem Baum. Die Wolken sind jetzt auch verflogen und im herrlichen Sonnenschein genießen wir unser Anlegerbierchen :). Im Hafenkino läuft „Die sonderbare Verholung des Siebener-Päckchens“: Gemeinsam statt einsam dreht eine Untermenge von drei Booten noch miteinander vertäut einige Pirouetten im Hafen, bis sie an ihren nun von Motorbooten befreiten Platz zurückkehren können. Danach ist Zeit zum Strand hinüberzulaufen um eine Runde schwimmen zu gehen, wie wir es bis jetzt an jedem Tag tun konnten. Das Wasser war auf Omø noch etwas wärmer; es geht nordwärts. Weitere Aktivitäten an diesem Nachmittag: Essen, Wasser bunkern. Später treffen wir Vereinskollegen: die ADAH Grasteit und Sauer legen sich direkt neben uns, mitsamt Nachwuchs an Bord, und wir haben Gelegenheit, uns deren Charterschiff anzuschauen. Zweiter Höhepunkt des Tages: Anna-Lena backt leckere Kanelboller, die natürlich bei allen gut ankommen. Abends sitzen wir noch länger mit unseren Nachbarn im Salon zusammen. Natürlich auch nicht zu lange, denn der Kollege, der direkt am Steg liegt, möchte früh los. Aber das kennen wir ja schon 😉
(von Christian)

Tag 4: Mit „Cuba libre“ auf dem Weg zum nächsten „Everest“

Nach dem Hafentheater vom Vortag nutzten wir den Morgen vor dem Ablegen noch für ein Gruppenfoto. Das Ablegemanöver in Ballen am Montag früh gegen sieben Uhr verlief recht gesittet und wir verabschiedeten uns von den Familien Grasteit und Sauer – allerdings wollten gefühlt alle Skipper gleichzeitig auslaufen, so dass wir interessante Hafenmanöver betrachten und eloquente Grußbotschaften über das Wasser hallen hören konnten. Die Schiffsdichte dünnte sich nach Verlassen des Hafens recht bald aus, lediglich zwei oder drei Segel waren jederzeit zu betrachten.

Mit Generalkurs WNW liefen wir zuerst entlang des Fahrwassers, später frei vor dem Wind kreuzend gen Anholt, um dort den nächsten „Everest“ zu besteigen: trotz intensiver Besegelung des Reviers war es Smut Steffen bisher nicht gelungen, die Insel anzulaufen – ein Versäumnis, das es heute zu korrigieren galt.

Mit einer ordentlichen Brise im Gepäck konnten wir anfangs interessante Wolkenformationen betrachten, später brannte die Sonne und es kam bei erstklassigem Segelwind karibisches Feeling auf – insbesondere als „Cuba libre“ zu passender Musik kredenzt wurde. Kleinere Zwischensnacks sorgten für das leibliche Wohlbefinden, und am frühen Nachmittag kam Anholt in Sicht. Ob der frühen Stunde waren wir frohen Mutes, noch einen guten Liegeplatz im Hafen zu finden… wenn, ja wenn, da nicht gefühlte 37.425.164 schwedische und norwegische Segler den „Billighafen“ Anholt angelaufen hätten, um dort den günstigen Alkohol zu bunkern. Ein erstaunlich freies Stück Mole zwischen Fischerbooten und der Fähre lockte uns (bisher nur mit einer Motoryacht belegt), schien aber verdächtig – wir hatten keine Lust, später am Tag oder gar nachts noch verholen zu müssen, wenn ein dort beheimateter Kutter sein Heimrecht geltend machen würde. Nach Rücksprache mit dem Hafenmeister konnten wir aber sorglos festmachen – mit der klaren Ansage, am nächsten Tag vor dem Auslaufen der Fähre den Platz zu räumen.

Während ein Teil der Crew sich auf den Weg zum Strand machte und Laura letzte bürokratische Hürden im Hafenbüro überwand (wie viele Duschkarten? und gibt es wirklich das Pfand zurück?) machten sich Steffen und Anna-Lena auf, im Inselsupermarkt unsere Vorräte aufzufüllen – der Hafenshop war teuer (Hafenpreise) und schlecht sortiert. Nach wenigen Kilometern im Ort angekommen stellte sich heraus, dass der örtliche Brugsen genau so teuer war (Inselpreise), aber die notwendigen Artikel zur kulinarischen Besänftigung knurrender Crewmägen vorrätig hielt. Bei der Rückkehr zum Boot war das Päckchen auf sechs Boote angewachsen. Zum Abendessen hielt sich die Lust auf besondere Köstlichkeiten in Grenzen, wir einigten uns auf Nudeln mit Pesto, Oliven, Peperoni und Parmesan. Anschließend konnten wir wunderschöne Hafenszenen mit einem dänischen Fischkutter erleben, der subtil und mit wohlklingenden Worten unseren Liegeplatz beanspruchte und das gesamte Päckchen mit gekonnt erzeugtem Schwell in Wallung brachte – es dauerte fast eine Stunde bis besagter Fischersmann sich mit der Situation abgefunden hatte und einen Ersatzliegeplatz akzeptierte. Schlimmer dran waren die Fischer, die hinter den benachbarten Päckchen gefangen waren – an ein Auslaufen war für sie nicht zu denken, da sie nicht rücksichtslos ihre jeweiligen Päckchen loswerfen wollten – genau deswegen gilt es ja bei gemeinsamer Nutzung der Anlagen vorab zu klären, ob/wann ein weiter innen liegendes Boot auslaufen will (mehr dazu sollten wir zwei Tage später auf Læsö erfahren). Ein wunderschöner Sonnenuntergang im Meer ließ einen weiteren schönen Törntag ausklingen.
(von Anna-Lena und Steffen)

Tag 5: Der Tag des verlorenen Ankers

Unser Aufbruch war, wie immer in dieser Woche, ein Traum. Die Sonne lockt. Der Wind weht stetig aus Süd. Und wir wollen Richtung Nordosten. Das heißt Segeln unter Vollzeug. Unser Ziel sind die Schären vor Göteborg. Die letzten Tage haben wir Wiking schon nach allen Regeln der Kunst gesegelt: mal Vollzeug, mal gerefft, mit Fock oder Genua, mal Spi, mal Butterfly. Jetzt und heute heißt es das letzte noch verbliebene Segel auszuprobieren. Von Læsø an die schwedische Westküste haben wir genug Zeit, um unsere neue Sturmfock auszuprobieren. Da keiner von uns dieses Segel bisher je bedient hat, wollen wir ein Training daraus machen. Jeder darf mal ausprobieren. So ziehen wir das kleine, knall orange Segel gut fünf Mal über das Vorstag und fühlen uns danach einigermaßen sicher im Setzen der Sturmfock. Trotzdem sei hier festgehalten: Das Setzen dieses Segels erfordert Übung und ist im Ernstfall eine echte Herausforderung, die von erfahrener Crew durchgeführt werden sollte. Der weitere Weg ist entspannt. Wir erreichen die Westschären und entscheiden uns für eine Ankerbucht. Nachdem wir uns eine schützende Bucht ausgesucht haben, beginnt die Suche nach einem geeigneten Ankerplatz.Nach zwei Versuchen in bisher noch unbesetzten Schären entscheiden wir uns schließlich doch für die bereits besetzte, dafür aber ausreichend große und tiefe Ankerbucht. Es heißt: Anker fällt. Die Schären ringsum sind teilweise bewohnt, teilweise Wildnis. Ideal für den einen oder anderen Ausflug. Dafür gehört Willi ausgepackt. Backskiste auf und das orange Gummiboot wird herausgeholt. Die Handpumpe wird angeworfen. Jeder muss ran. Immerhin brennt die Sonne noch und in Willi passt viel Luft rein! Am Ende zischt Willi ein wenig, hält aber ausreichend dicht, um sich ins Wasser zu trauen. Willis letzter Sommer beginnt. Der erste Auftrag für Willi ist es den zweiten Anker auszubringen. Dafür fahren Christoph und Richard vom Heck Wikings an dessen Bug, nehmen den zweiten Anker entgegen und bekommen noch einen kleinen Lotanker dazu, um eine entsprechend tiefe Stelle zu finden.Vom Boot aus wird dirigiert. Mehr nach links – mehr nach rechts und jedes Mal fällt der Lotanker. Eine gut 4 m tiefe Stelle ist ausgemacht und im richtigen Winkel zur zweiten Ankerkette gelegen. Der Lotanker wird gelichtet und da passiert es. Plötzlich lässt sich dessen Leine ganz leicht ziehen. Mist, der Anker hing fest und die Schnur hat sich gelöst. Wer hat nur den Palsteck geknotet? Darüber wird ein Mantel des Schweigens gelegt. Egal, wir bringen den zweiten Anker an dieser Stelle aus, der Untergrund scheint ja die Anker zu mögen und so ist unser Ankermanöver abgeschlossen. Wir sind fest. Jetzt heißt es baden. Achtung Feuerquallen. Dafür stellen wir einen Ausguck ab, der die Badenden vor Quallen warnt. Claas entscheidet sich für einen Angelausflug auf der Wildnis-Schäre. Christian und andere entscheiden sich für einen ausgedehnten Spaziergang, um die Schäre zu erkunden. Dabei ist Willi hoch frequentiert. Willi bewältigt die gut 30 m Strecke zwischen Festland und Boot gut 20 mal an diesem Abend. Ein Beiboot ist einfach Pflicht! Und übrigens: Unser Rettungsschwimmer Christoph hat bei seinem Badeausflug ganze Arbeit geleistet. Ein kurzer Ausflug in 4 m Tiefe und das unwahrscheinliche gelingt: Er findet den Anker! Was für ein Glück. So können auch die Crews nach uns gut Loten!Die Nacht wird in Ankerwachen aufgeteilt und so begibt sich die Crew in die jeweiligen Nachtschichten. Ein weiterer toller Tag neigt sich dem Ende zu und wir schwoijen in Welle und Wind!
(von Richard)

Tag 6: Die Petermännchen schlagen zurück!

Nach einer ruhigen Ankernacht mit perfektem Sonnenaufgang in den schwedischen Scheren überraschte uns unser Smutje Steffen am Morgen mit einem gemütlichen Pfannkuchen- Frühstück bei spiegelglatter See.

Mit gefülltem Magen machten wir uns an die Arbeit den Anker zu lichten, welches uns doch ungewöhnlich schwer erschien. Kein Wunder, denn dieser beherbergte einen ungebetenen Gast, einen bestimmt 25 kg schweren Stein, der sich im Anker verfangen hatte. Mit Mühe und einem äußerst engagierten Steffen schaffe es die Crew dennoch diese Hürde mit Bravur zu meistern und verließ schweren Herzens die wunderschönen schwedischen Schären Richtung Læsø. Mit „Thank you for the music“ von ABBA (euphorisch mitgesungen von Lena und Steffen) und der an Bord vorhandenen schwedischen Schlager-CD bedankten wir uns zum Abschied für eine traumhafte Ankernacht in Schweden.Es war eine wunderschöne Törnwoche, für die ich der Crew und insbesondere unserem Skipper Claas sehr dankbar bin. Da wir aufgrund der vorhergesagten Flaute die meiste Zeit an diesem Tag motoren mussten, blieb uns ausreichend Zeit den wolkenlosen und azurblauen Himmel zu genießen und anderen Schabernack zu treiben. Endlich hatten wir Zeit all unsere Ideen und Wünsche für windfreie Tage auszuprobieren. Die Crew sprudelte nur so von Einfällen und beschloss mit dem Fender reiten anzufangen. Dies begeisterte die komplette Mannschaft. Voller Vorfreude sprang Christian in voller Montur zum Fender reiten ins Wasser. Damit hatte nun wirklich keiner von uns gerechnet.

Nun war Lauras Stunde. Auf Samsø hatten wir ein kleines Mädchen beobachtet, wie sie von ihren Eltern am Spifall mit einer Schaukel die Bordwand heruntergelassen wurde, und mit großer Begeisterung anfing zu schaukeln. Rein zufällig befand sich eine solche Schaukel auch bei uns an Bord. Wir nutzen also unsere windfreie Zeit um auch Laura mal über das Spifall die Bordwand runter zulassen. Auch Lena hatte ihren Spaß am Schaukeln.

Während sich die Mädels beim Schaukeln vergnügten, versuchte sich Claas, fleißig wie immer, am Angeln und dieses Mal sogar mit Erfolg. Schon nach dem ersten dutzend Würfe hing ein – uns allerdings völlig unbekannter – Fisch an der Angel. Voller Ehrfurcht, dass sich Claas’ Gedanke, dass es ein Petermännchen sein könnte, bestätigte, beschlossen wir den Fisch zurück ins Wasser zu werfen. Doch nach jedem Wurf hing von nun an ein solcher Fisch an der Rute. Schließlich gaben wir das Angeln auf und motorten weiter Richtung Læsø. Wie sich am Abend herausstellte, bestätigte sich unser Verdacht mit den Petermännchen. Zum Glück waren wir vorsichtig.

Auf dem Weg nach Læsø wurde die Skatrunde der letzten Tage fortgesetzt. Die Crew beschloss die kleinen Listen der Vortage in eine große Liste umzutragen, um einen Törnsieger zu ermitteln. Nach weiteren 21 Spielen lag Claas mit Abstand eindeutig vorne. Er konnte sich nur noch selber schlagen. Dies gelang ihm, indem er aus Versehen drei Karten in den Skat zurücklegte und somit ein 80-Punktespiel verlor.

Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir einen maßlos überfüllten Hafen auf Læsø und beschlossen kurzerhand uns in das für die Fischer vorgesehene Hafenbecken zu legen. Lena konnte dies durch ihre guten Schwedischkenntnisse beim Hafenmeister arrangieren.
(von Christoph)

Tag 7: Vom Baden mit Schweinswalen

Es ist 3:45 Uhr, der Wecker klingelt. Heute heißt es früh aufstehen. Nachdem wir am Vorabend im vollgepackten Hafen auf Læsø nur noch einen Platz im Päckchen bekommen haben, mussten wir auch noch erfahren, dass unser Nachbar Punkt 4 Uhr ablegen möchte. Somit entschied der Skipper, dass wir die Chance nutzen und in den Sonnenaufgang hineinsegeln mit Kurs Richtung Frederikshavn. Die Steuerbordkojen melden sich freiwillig zum Ablegen.Punkt 3:58 Uhr startet Claas den Motor und gemeinsam mit Steffen und Anna-Lena fahren wir den Ableger. Unser Nachbar ist noch am Frühstücken und denkt sich wahrscheinlich typisch deutsche Pünktlichkeit. Wir verlassen bei guten 5 Windstärken Læsø, welches wir nur im Dunkeln kennengelernt haben und nehmen Kurs auf Frederikshavn. Nach dem Segelsetzen fahren wir noch eine Wende, damit die Backbordcrew sich nicht auf seine mit Knoten befestigten Leesegel verlassen muss. Auf Halbwindkurs stellen wir fest, dass unser Boot auch ohne Steuermann mit festgestelltem Steuerrad ganz gut Kurs hält und so frühstücken wir bei doch recht frischen Temperaturen und genießen den Sonnenaufgang. Nach einem Blick ins Hafenhandbuch stellen wir fest, dass der Hafen von Frederikshavn nur max. 2 m tief ist, so dass wir beschließen stattdessen weiter nach Skagen zu segeln.

Pünktlich um 8 Uhr erfolgt dann der Wachwechsel mit unserer geliebten Schlager-CD und Wolfgang Petrys Hit „Wahnsinn“. Wir fahren noch eine weitere Wende und dann lege ich mich erst einmal für die nächsten 4 Stunden in meine Koje zum Schlafen.

Draußen wird währenddessen bei strahlendem Sonnenschein fleißig Skat gespielt. Aber davon bekomme ich genauso wenig mit wie von dem Mittagessen, was direkt neben meiner Koje gekocht wird. Gegen 12 Uhr werde ich durch eine erneute Wende und meinen knurrenden Magen geweckt. Als ich ins Cockpit komme, sieht man bereits den Leuchtturm und Hafen von Skagen.

Nun ist es 13 Uhr. Unsere Hoffnung vielleicht mal nicht im Päckchen festmachen zu müssen, wird bei der Einfahrt in den Hafen jäh zerstört, denn auch dieser Hafen ist ziemlich voll. So können wir nur als 5. Boot im Päckchen festmachen. Im Hafen von Skagen gilt das Motto „Sehen und Gesehen werden“. Das fängt an mit den teuren Sportwagen, die in Unmengen an Land stehen, geht weiter mit Booten, die vornehmlich als Statussymbol im Hafen liegen und endet bei der Party auf unserem Nachbarboot, wobei viele schicke Skandinavierinnen mit ihren Stöckelschuhen über unser Boot stöckeln.

Nach Anlegerbier und Dusche erkunde ich mit Flo und Richard Skagen. Nach Besichtigung der Bunkeranlage am Ostseestrand führt unser Weg uns zum Leuchtturm, von wo aus man einen tollen Rundumblick Richtung Nordsee, Ostsee und zum Kap hat. Für einen Ausflug zum Kap bleibt uns leider keine Zeit mehr, da Claas und Christoph schon auf uns warten, um endlich zum Angeln aufbrechen zu können. Nachdem sie erfolglos mit Hilfe eines Mosquitonetzes versucht haben, kleine Fische als Köder aus dem Hafenbecken zu fischen. Mal sehen, ob sie heute mehr Glück haben und nicht wieder giftige Petermännchen aus der Ostsee fischen.

Wieder an Bord spielen wir zusammen mit Christian zur Abwechslung mal kein Skat sondern erst Mau-Mau und danach Neger/Arschloch. Als wir Richard endlich geschlagen haben, kommen unsere zwei Angler dann auch mit ihrem ersten ungiftigen Fang wieder an Bord. Sie haben 2 Makrelen fürs Abendbrot gefangen. Auch Steffen und Anna-Lena kommen von ihrer Stadtbesichtigung zurück.

Nach dem Abendbrot stellen Christoph und ich fest, dass wir noch nicht baden waren und schließlich hatten wir doch vor, jeden Tag baden zu gehen. Somit brechen wir gemeinsam mit Flo und Christian in der Dämmerung auf, um noch eine Runde in der Ostsee zu schwimmen. Der Weg zum Strand stellt sich dann doch als ein bisschen weiter raus, als gedacht. Dafür werden wir aber mit einem schönen Regenbogen und einem Schweinswalpäarchen belohnt, das nur wenige Meter von uns entfernt mit uns schwimmt. Zwei Touristinnen an Land hatten sich schon Sorgen gemacht, da sie uns nach dem Auftauchen der Schweinswale nicht mehr gesehen haben und dachten, dass es sich um einen Hai gehandelt hätte. Aber wir können sie beruhigen und versuchen ihnen zu erklären, dass das Schweinwale waren. Leider fällt uns das englische Wort für Schweinswal nicht ein. Wieder an Bord beginnt es draußen zu regnen und wir führen in alter Tradition die Skatliste fort und verschärfen den Ton durch Kontraspiele und Bockrunden, welche Claas mal wieder gekonnt für sich ausnutzt und sich langsam immer weiter absetzt. Aber wir geben nicht auf und hoffen noch auf ein Wunder. Als draußen die Live-Musik ausklingt und die Party auf dem Nachbarboot endet, beschließen wir so langsam ins Bett zu gehen. Nun ist es 2 Uhr. Gute Nacht bis morgen.
(von Laura)

Tag 8: Der letzte Tag des Törns

Der Wetterbericht, der immer etwas negativer ausfiel als das Wetter wirklich war, versprach wenig Hoffnung auf einen Einsatz der Sturmfock. Und da Claas uns ja schon viel abverlangt hatte, um einen Tag früher als geplant in Skagen anzukommen, entschied er: ich will noch einmal etwas anderes als Petermännchen angeln! Also Hafentag. Um ehrlich zu sein, die Crew war mit dieser Entscheidung nicht wirklich unglücklich, denn Nebel wechselte sich mit Nieselregen und Regen ab.

Unser Smutje lief daraufhin erneut zur Hochform auf und bereitete aus den Resten in den Backskisten ein mehr als opulentes Frühstück.

Etwas lethargisch vom vielen Essen – es regnete immer noch – war es bereits Mittag und wir wussten nicht recht was mit uns anzufangen. Also aufraffen: Landgang! Und da wir die Möglichkeit witterten, mal ganz einfach von der Ostsee in die Nordsee zu schwimmen, lief der harte „wir waren jeden Tag im Wasser“-Trupp, Richard und Christian durften auch mit, zum Strand. Claas und Christoph wollten lieber angeln und wir stellten uns daher auf eine schöne Dose Linsensuppe zum Abendessen ein.

Am Strand angekommen waren wir weit und breit die einzigen – kein Mensch da! Alle im Wasser! Wir spielten mit einer Truppe französischer Gaststudentinnen Federball im seichten, ca. 27°C warmen Wasser und am Strand war ein Cocktailempfang für uns aufgeb… – mist, jetzt läuft mir der Regen vom Südwester direkt ins Ölzeug und kühl über die rechte Schulter und den Rücken runter. Nun ja, am Zusammenfluss von Kattegat und Skagerrak ist striktes Badeverbot, also konnten wir nur die Füße baden und dann – schlau wie wir sind – sprangen wir einfach etwas abseits des Touritrubels in die Nordsee. Einer der dänischen Trecker-Touri-Schleuser fand das eine irre gute Idee und teilte uns das auch gleich mit Fehengesängen mit.Endlich wieder an Bord durfte ich ein Kartenspiel kennen lernen, das den Ausflug perfekt ausklingen ließ, ich wurde König! – Und dann auch gleich wieder zum Stark-Pigmentierten, und wieder König und dann geschah es: Der Skipper betritt das Schiff, ein eisiger Hauch angespannter Stille durchzog das Unterschiff. Wie erstarrt saß die Mannschaft und starrte auf die Plastiktüte, die den Niedergang herunter gereicht wurde: Makrele! Fünf Makrelen! Unsere Freude, keine Linsensuppe oder Petermännchen essen zu müssen, hat die übrigen Hafencrews ein wenig irritiert.Wir verdrängten das und auch die Tatsache, dass ein Teil der Crew am nächsten Tag zurück nach Lübeck musste und freuten uns über einen wunderbaren Törn, den, wie wir alle feststellten, man nicht besser hätte segeln können.
(von Florian)

P.S.: Auf die Frage, wer denn den diesjährigen Törnbericht schreiben wolle, gab es minutenlanges Schweigen. Als die starren Blicke langsam begannen Löcher in die Rumpfwand zu fressen, wurde, zur Abwendung schwerer Schäden des Unterwasserschiffs, der pädagogische Vorschlag erarbeitet, jeden in die Aufgabe mit einzubinden.